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Ein Tag in Teheran: Saadabad Palastanlage, Tajrish Bazaar, Kopftuchzwang und freundliche Augen

Ich sage es immer wieder: Eines der größten Goodies an meinem Job als Flugbegleiterin ist es, dass ich regelmäßig auch an Orte reise, die so gar nicht auf meiner persönlichen Agenda standen. Oder an die man sonst auch nicht so einfach hinkommt. Tel Aviv vor ein paar Jahren, Jeddah und Teheran sind die besten Beispiele dafür. Klar ist es bequemer, nach Miami oder irgendwo sonst an den Strand zu fliegen, wo man sich nicht groß mit der Kultur auseinander setzen muss. Klar kann man auch im Iran einfach im Hotel sitzen bleiben. Oder man ist wie ich und hat sofort Hummeln im Arsch, schnappt sich das nächste Kopftuch und läuft los.

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Ja, Kopftuch. Ohne geht hier wirklich nichts, mir wurde von zweimonatigen Gefängnisstrafen erzählt und von Folterstrafen mit Kakerlaken. Was dran ist, weiß ich nicht. Fest steht für mich sowieso: Ich passe mich als Gast in einem fremden Land den dortigen Gepflogenheiten an. Eine Abaya wie zum Beispiel in Saudi-Arabien brauche ich im Iran nicht, einen Mantel schon. Es ist ein genauso frühlingshafter Februar wie in Deutschland, ich schwitze fast schon unter meinem Wollmantel und möchte gar nicht an den Sommer hier denken – aber jetzt grade ist es okay.

Ich habe viel empfohlen bekommen vor meinem kleinen Ausflug nach Teheran: Die Sicht vom Fernsehturm soll bombastisch sein, das Essen im Govinda fabelhaft und der Große Bazaar – groß. Auch den Golestan-Palast will ich mir irgendwann nochmal angucken, aber ich hatte nicht allzu viel Zeit und entschied mich daher, im Norden der Stadt zu bleiben. Erster Stop deswegen: Die Saadabad Palastanlage.

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In einer 110 Hektar großen, weitläufigen Parkanlage voller Brunnen und Platanen stehen 18 große und kleinere Paläste. Ursprünglich lag hier die Sommer-Residenz der persischen Könige, in den Zwanzigern baute Reza Schah Pahlavi ordentlich an. Er residierte hauptsächlich im sogenannten Grünen Palast, der in einen Hang gebaut ist – und dessen beeindruckender Spiegelsaal mich erstmal umgehauen hat. Vier Monate lang wurden hier verrückte Spiegel-Mosaike angebracht, alles blitzt und blinkt, ich konnte mich kaum satt sehen.

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Dem Schah war der gemütliche Palast aber offenbar etwas zu klein, und er ließ den wesentlich größeren Weißen Palast am Fuße der Palastanlage bauen. Der macht natürlich ein bisschen mehr her, repräsentativ und so, für mich ist er aber auch ein bisschen langweiliger – war aber trotzdem spannend, mal durchzulaufen. Die Einrichtung stammt übrigens größtenteils aus Frankreich, Italien und England, was ich dann doch relativ bemerkenswert fand.

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Nach der Revolution wurden dann sämtliche Gebäude der Palastanlage zu Museen umfunktioniert, lediglich der Grüne und der Weiße Palast sind noch als Paläste zu besichtigen. Zwischen Militärmuseum, dem Haus der Kalligrafie und dem Kunstmuseum lässt es sich jetzt also ganz entspannt entlang schlendern, im Sommer ist das auch sicher noch schöner als jetzt. Der Eintritt zur Anlage ist zwischen 9 und 17 Uhr möglich und kostet ein paar wenige Euro, die lohnen sich aber auf jeden Fall.

Was sich außerdem immer lohnt, egal wo man ist: Ein Besuch auf dem Markt. In Teheran sollte man dringend Nüsse einkaufen, ich habe selten so leckere Pistazien gegessen wie hier. Wer es sauer mag kann sich auf dem Tajrish Bazaar an Pickles tot probieren, und Safran gibt es an jeder Ecke. Was es noch gab: Viele Menschen. Viele freundliche Menschen mit wachen Augen, mit interessierten Blicken, mit interessanten Gesichtern. Unterhalten war manchmal schwierig, lächeln so gar nicht.

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Teheran ist ein relativ unkompliziertes Reiseziel, die Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt in die iranische Hauptstadt. Für die Einreise brauchen deutsche Staatsbürger ein Visum, nur verheiratete Paare dürfen in einem Zimmer schlafen. Frauen können sich relativ frei bewegen, wenn sie sich an die Kleiderordnung (Kopftuch, lange Ärmel, Mantel) halten – es wird empfohlen, in Gruppen zu bleiben, ich war alleine unterwegs und hatte keinerlei Probleme. Auffallen wird man aber definitiv. Auch wenn man keine Spiegel-Selfies im königlichen Palast macht.

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Lisa Mattis ist überzeugte Optimistin und hat ein innigeres Verhältnis zu ihrem Koffer als zu ihrem eigenen Bett. Die Flugbegleiterin ist wirklich immer unterwegs und würde auf offiziellen Formularen unter dem Punkt Beruf manchmal gern "Reisende" eintragen. Ob im Flieger, im Dschungel oder auf den Straßen einer unbekannten Stadt, so lange die Kamera aufgeladen ist fühlt sie sich eigentlich überall wie zu Hause.