Acht Tage, um die 400 000 Besucher, mehr als 60 Bühnen. Im August prallen in Ungarn Welten aufeinander. Den politischen Isolationstendenzen der aktuellen, ungarischen Regierung zum Trotz feiert das Sziget Festival mitten in der Hauptstadt Freiheit und Akzeptanz auf allen Ebenen – für Völker und Geflüchtete, für Liebe in allen Farben und Formen, für das Leben. Und ich mittendrin, mittendrin und auf Neuland. Zum ersten Mal Sziget, zum ersten Mal so ein großes Festival. Während andere Events dieser Größenordnung meistens ans Ende der Welt verbannt werden und man für ein paar Tage eine Camping-Stadt für tausende Besucher errichtet, ist das Sziget anders. Der Name verrät es schon – ins Deutsche übersetzt heißt „Sziget“ nämlich „Insel – und so findet das Festival tatsächlich auf einem Eiland in der Donau, mitten in Budapest, statt.
City-Trip und Festival-Besuch in einem? Mir kam die Idee sehr recht, denn auf Camping hatte ich bei der Größenordnung nicht besonders viel Lust. Außerdem war es auch mein erster Besuch in der ungarischen Hauptstadt und ich hätte ungern darauf verzichtet etwas von ihr zu sehen. 4 Tage Zeit, Sziget Festival und Budapest – ein echtes Dreamteam!
Meine Highlights vom Sziget Festival
Festival – das bedeutet klassisch Konzerte und ganz viel Musik. Bekommt man auf dem Sziget auch, aber nicht nur. Zweimal wurde das Sziget bereits als bestes Festival Europas ausgezeichnet, zum letzten Mal 2014. Das mag daran liegen, dass es neben Musik ein fast unüberschaubares Programm aus Theater, Zirkus, Kino, Sportkursen, Talks, Game Tent, Post, riesigem kulinarischen Angebot, eigener Währung und vielem mehr gibt. Tatsächlich ist das gesamte Festival bargeldlos, etabliert hat sich Festipay, eine Art Kreditkarte, die man auf dem Gelände mit Guthaben auflädt und mit der überall bezahlt werden kann. Bemerkenswert sind auch folgende Dinge:
Musik so weit das Ohr reicht
Über 60 Bühnen gibt es auf dem Sziget. Neben den großen Stages findet man aber auch eine für World Music, Jazz oder Klassik-Konzerte. Überall zuzuhören ist fast unmöglich. Während Rihanna und Muse als große Headliner promotet wurden, waren mein Highlights die Konzerte der Isländer Sigur Rós unter freiem Himmel, sowie die Editors und UNKLE, die ich schon immer mal live sehen wollte. Aber auch die Jungs von K.I.Z. haben ordentlich Laune gemacht und bei Kodaline gab es gefühlt eine so große Euphorie im Publikum, das man automatisch mittanzen musste.
Kunst und Details
Schön war, dass trotz der Größenordnung die Liebe zum Detail nicht verloren geht. Das Gelände ist liebevoll dekoriert. Sitzgelegenheiten, Schaukeln, Deko in den Bäumen. Besonders lauschig ist es, wenn es dunkel wird, dann leuchten die Lichter in den Bäumen oder über den Wegen.
Ein Highlight war für uns das begehbare, aufblasbare Kunstwerk des britischen Kollektivs „Architects of Air“. Eine Symbiose aus Licht und Klang, inspiriert von osmanischer Architektur und komplett gefertigt aus Plastik. Das Anstehen dafür hat sich gelohnt und wäre es nicht recht warm gewesen, hätte man hier auch perfekt ein Mittagsschläfchen machen können.
Zirkus und Performances
Auf Outdoor-und Indoor-Stages finden regelmäßig Tanzperformances, Theaterstücke, Talks oder Akrobatik statt. Alles einmal zu sehen halte ich fast für ein Ding der Unmöglichkeit, wenn der Festivalbesuch nicht in Stress ausarten soll. Wunderschön ist es trotzdem, wenn man es zu ein oder zwei der Performances schafft und sich verzaubern lässt. Zirkus ist Magie, auch nach all den Jahren noch.
Die Liebe feiern und Heiraten
…wait, what? Ja, ihr habt richtig gelesen. Auf dem Gelände gibt es ein kleines Zelt, das der Liebe gewidmet ist. Hier kann man sich direkt und mit Gültigkeit trauen lassen. Hair-Styling, Blumenhaarband und Brautsträuße, alles da und kann gekauft werden. Bloß „Ja-Sagen“ muss man noch selbst. Und nein, das haben wir nicht selbst getestet.
City-Trip: Budapest Highlights
Für das Sziget Festival war es das natürlich noch lange nicht. Massig Essenstände, ein Weindorf, eine kleine Museumsinsel, Sportplätze, Workshops, und und und. Das Sziget hat es alles. Dann muss man aber wirklich 8 Tage komplett auf dem Gelände verbringen. Ich habe mir stattdessen noch ein wenig die Stadt drum herum angesehen. Klappt prima, denn die großen Acts spielen meistens erst ab Nachmittags. Meine Highlights in Budapest sind:
Tour entlang der Wahrzeichen
Ich war zum ersten Mal hier und habe deshalb einen Spaziergang entlang der großen Wahrzeichen gemacht. Basilika, Parlament, ein Gang über die Kettenbrücke von Pest nach Buda. Dann mit der Rolltreppe nach oben zum Schloss und die schönste Sicht über die Stadt von der Fischerbastei genießen. Klappt wunderbar in ein paar Stunden. Nebenbei kommt man vorbei an schönen alten Gebäuden und kann sich vom Art Deco verzaubern lassen.
Ungarische Spezialitäten in der Markthalle
Klingt touristisch, ist es aber nicht so sehr, wenn man statt der großen Markthalle die kleinere in der Holt Utca 13 wählt. Hier essen vor allem die Leute, die rundherum arbeiten und so bekommt man hier auch noch authentische, ungarische Gerichte. Wie wäre es mit einem richtig leckeren Wiener Schnitzel? Wer mutig ist, probiert die Spezialität Schweinsohren.
Budapest vom Wasser aus
Wer zum Sziget in der Stadt ist, kann einen City Pass erwerben, mit dem man dann auch kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen darf. Perfekt, denn dort ist auch das Bootshuttle zum Festivalgelände inbegriffen. Die Stadt von der Donau aus zu erleben, kann ich wirklich empfehlen. So eröffnen sich nochmal ganz neue Ansichten und man bemerkt zum Beispiel, wie riesig das ungarische Parlament in Wirklichkeit ist!
Spa in der Bäderstadt
Budapest ist eine Bäderstadt. Circa 130 Thermalbäder gibt es, drei davon stammen sogar noch aus der osmanischen Zeit. Um den Muskelkater vom Tanzen zu kurieren, haben wir Europas größten Bäderkomplex, das Széchenyi Bad, besucht. Während des Festival ist es hier fast zu voll, die wunderschöne Architektur und Anzahl der Becken ist aber trotzdem beeindruckend gewesen.
City Trip und Festival-Besuch
Die Hauptstadt erleben und den Festival Sommer feiern, klappt hervorragend während des Szigets. Wer Lust auf Musik und Festival-Feeling hat, aber bei der Unterkunft keinen Komfort einbüßen will und Lust hat, eine wirklich spannende Stadt zu erkunden, ist in Budapest absolut richtig!