Vor zwei Tagen hänge ich mit meiner besten Freundin am Telefon. Sie lebt in Köln, ich in Berlin. Da sieht man sich nicht einfach so auf einen Feierabend-Drink. Im Hintergrund höre ich es leise brutzeln und klappern, ich kann zwar nichts riechen, aber irgendwas passiert da in der Küche. „Ich mache Apfelpfannkuchen,“ sagt sie mit viel Gelächter. „Für mich alleine eigentlich viel zu viele, aber sonst lohnt sich das ja nicht und ich habe noch so viel Kram im Kühlschrank. Wenn du willst, komm vorbei!„.
Nichts würde ich gerade lieber machen. Apfelpfannkuchen gab es bei ihr damals schon als wir noch auf dieselbe Schule gegangen sind und sonntags nach dem Feiern vor vollen Tellern am Küchentisch saßen. Mein Kühlschrank ist zu dem Zeitpunkt blöderweise leer, denn auch in Berlin haben sonntags bis auf wenige Ausnahmen die Supermärkte geschlossen. Während mir jetzt nach so einem echten Essen – einem mit Herz und Gemeinsamkeit zu mute wäre – sitze ich am Ende vor Sushi, das der Lieferdienst mir in ollen Plastikschalen vorbei gebracht hat.
Was eine App mit dem Essen der Nachbarn zu tun hat
Das Problem mit den leeren Kühlschränken und der Sehnsucht nach Essen, das nach Zuhause schmeckt, hat jetzt das Münchner Start-Up Foodlr erkannt und ist deshalb mit seiner gleichnamigen App an den Start gegangen. Was die können soll? Hobbyköche und passionierte Esser zusammen bringen, weil in jeder Nachbarschaft eigentlich so viel gutes Essen und ausreichend Hunger schlummern, die man nur finden können muss. Damit das reibungslos klappt, braucht man bloß ein Profil und kann dann loslegen. Entweder man stellt seine eigenen Gerichte ein, plus die Tage und Uhrzeiten zu denen man gegen einen Unkostenbeitrag etwas abgeben möchte. Oder man geht als Hungriger auf die Suche und lässt sich vorhandenes Essen in der Nachbarschaft anzeigen. Liefern, abholen, gemeinsam essen – hier ist alles drin. Funktioniert das in der Praxis? Ich habe das im Selbstversuch getestet.
Foodlr – Die App im Test
So ein Profil ist schnell angelegt. Bild hochladen, kurze Beschreibung, zack, fertig. Ich will nicht kochen, sondern essen und zwar „made with love“ – so heißt der Claim von Foodlr. Bisher sind um die 15.000 Nutzer auf der Plattform angemeldet, mal sehen, was die können. Ich filtere jetzt gar nicht nach bestimmten Essensrichtungen, sondern bin neugierig, was es bei mir in der Nähe zu holen gibt. In meinem Kiez bietet jemand „Käsespätzle“ an. Das passt mir gut und zaubert Erinnerungen an meine Zeit im Ländle zurück. Über die App kann ich mir den Abholzeitraum ansehen und bekomme Informationen zum Gericht und den verwendeten Zutaten. Sechs Euro soll mich das ganze kosten, ich melde mich für den nächsten Tag an. Über die Chatfunktion hake ich bei meinem Koch noch nach, ob es auch eine kleine Portion gibt (zum Probieren quasi) und ob ich mir zum Abholen eine eigene Box mitbringen soll, so lässt sich gleich noch der Verpackungsmüll sparen. Hier sitze ich also und schreibe mit einer fremden Person aus der Nachbarschaft, deren Essen ich testen soll. Foodlr will Menschen verknüpfen, aus dem Netz ins Leben quasi. Ich bin ein klein wenig aufgeregt. Das soll funktionieren?
Zwischen 18.30 Uhr und 20 Uhr kann man mein Gericht abholen, ich habe mich für 19 Uhr angemeldet und stehe pünktlich und mit Hunger vor dem Haus, in dem mein privater Koch wohnt. Was sagt man da in die Sprechanlage? „Hallo, hier ist Livia von Foodlr. Ich…ähh…würde gerne mein Essen bei Dir abholen,“ probiere ich, trete ein und zwei Stockwerke weiter oben geht tatsächlich eine Tür auf. Da steht ein echter Mensch, der mich in seine echte Küche kommen lässt. Da stehen echte Töpfe und da sind sie: echte Käsespätzle. Ich erfahre, dass mein Koch schwäbische Großeltern hat und deswegen das mit den Käsespätzle so gut kann. Wir müssen beide lachen, weil das ganze hier dann doch nochmal etwas anderes ist, als sich durch eine App zu tippen. Ich packe meine Dose aus und bekomme sie voller duftender Käsespätzle zurück. Dann schnell nach Hause zum Geschmackstest.
Was ich auf den Teller bekommen habe, schmeckt wie echtes Essen, das einem auch die eigenen Freunde kochen. Ein bisschen Salz noch, aber das würde mir bei jedem anderen privaten Essen auch so gehen können. Klar, das hier ist keine Sterneküche. Für sechs Euro sollte man die aber auch nicht erwarten. Ich bewerte noch schnell über die App, schreibe einen Kommentar und speichere meinen Spätzle-Koch unter den Lieblingen ab. Er kann nämlich offenbar auch Käsekuchen nach Omas Rezept backen und den will ich mir demnächst nicht entgehen lassen.
Essen vom Nachbarn: Mein Fazit
Für alle, die Persönlichkeit beim Essen schätzen oder liebend gerne kochen, aber eben nicht bloß für eine einzige Person, lohnt sich der Blick auf Foodlr definitiv. Und das Ding ist ja, um so mehr Menschen sich verknüpfen, um so größer wird auch das Angebot. Share some love and share your food! Da sich Foodlr natürlich noch weiter entwickeln will, suchen die Münchner aktuell weitere Unterstützung. Dafür sind sie mit einer Crowdfunding-Kampagne an den Start gegangen. Wenn ihr die Idee also genauso liebenswert findet wie wir, dann schaut bei Startnext vorbei und werdet Unterstützer!