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Verlassene Dörfer und neblige Wälder: Unterwegs im Erzgebirge

Ich muss gestehen, dass Tschechien noch nie wirklich auf unserem Reise-Plan stand. Es fliegen keine Bilder vor mein inneres Auge, wenn ich an Tschechien denke. Ich hatte bisher auch keine Vorstellung, wie sich eine Reise durchs Erzgebirge gestalten lässt. Doch all das sollte sich diesen Herbst für mich ändern. Und wenn es euch bisher ähnlich ging, findet ihr hier meine Impressionen, die euch, hoffentlich genau wie mich, verzaubern! Denn auch wenn ich auch jetzt noch lange nicht alles von Tschechien gesehen habe, konnte ich mir in diesen Tagen im Erzgebirge zumindest in einem sicher sein: Von Kultur, bis hin zu den atemberaubenden Landschaften ist diese Gegend definitiv ein Besuch wert – und von mir aus, angereist ab Berlin, via Bahn auch nur einen Katzensprung entfernt!

Also, worauf warten?

 

Das wusstet ihr vielleicht: Das Erzgebirge ist für den jahrhundertealten Bergbau auf tschechischer und deutscher Seite berühmt.

Meine Reise beginnt auf tschechischer Seite, genau genommen beginnt meine Zeit in die “Goldgrube” Tschechiens in Jachimov, zu deutsch Sankt Joachimnsthal. Jáchymov ist einer der wichtigsten Orte in der Geschichte des tschechischen Bergbaus. Ich tauche hier das erste Mal in die Geschichte der Bergwerkstechnik ein und lasse das Gestein der Berggrube auf mich wirken.

Dort wurde 1516 das erste Mal Silber entdeckt und damit begann natürlich eine ganz neue Ära für die Gegend. Bis heute ist das Erzgebirge auf Grund der Silberförderung, sowie der riesigen Uran- und Zinnvorkommen, berühmt. Ein spannender bis unheimlicher Fakt:

Nach der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg war das Erzgebirge weitgehend verlassen, ein Niemandsland.

Doch das Erzgebirge holt sich seine Bewunderer zurück: Vor allem Aktivurlauber wissen die schönen Berge und die tiefen Wälder längst zu schätzen. Die Stimmung hier ist einzigartig. Kein Massentourismus, dafür unberührte Natur, Nebel und eine Herbststimmung die unsere kleine Reisegruppe fast nachdenklich stimmt. Die Äste knacken unter meinen Füßen und der herbstliche Wind pustet mir munter ins Gesicht während ich durch die Wälder und über die Hügel streife. Die alten Stollen und Gruben warten darauf (mit Vorsicht!) entdeckt zu werden und immer wieder schaue ich mich um und sehe: Nichts. Nur eine beeindruckende Aussicht auf die Weiden, Wälder und Berge die mich umgeben.

Aber auch wer es gemütlicher mag, kommt hier, rund ums Erzgebirge auf seine Kosten. Die Gegend ist bekannt für die zahlreichen historischen Städtchen, für die Kurorte und ihre Heilbäder. Übrigens ist die Gegend auch die Geburtsstätte für das weltweit erste Radonheilbad. In Heilbädern wird die therapeutische Anwendung des radioaktiven Elements Radon angewendet. Es werden dabei natürliche Freisetzungen von Radon aus dem Erdboden genutzt. Therapiert wird hier vor allem bei chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Morbus Bechterew, Rheumatoide Arthritis, Sarkoidose, Asthma bronchiale und Arthroseschmerzen. Auch gegen Hauterkrankungen wie verzögerte Wundheilung, Psoriasis und Neurodermitis wird die Therapie eingesetzt. Absolut spannend, oder?

Verlassene Dörfer und mystische Lost Places

Nachdem wir auf dem Berg Velky܁ Å pičák in den Tag gestartet sind, besuchen wir das verlassene Dorf Königsmühle und wandern durch das mystische Tal des Baches Schwarzwasser. Das verlassenes Dorf, übrigens ohne Zufahrtsstraße, haben wir mit Bürgermeister und Filmemacher Petr Mikšícek angeschaut. Er veranstaltet dort jedes Jahr ein Kunst und Kultur Festival.

Nicht weniger mystisch geht’s bei der Besichtigung des ehemaligen Zinnbergwerkes Sauersack in PÅ™ebuz weiter. Ich erkunde die geheimnisvollen Region Jelení. Tief im Wald versteckt liegen die mystischen Ruinen der im Jahr 1939 gegründeten Zinngrube Rolava.

Sie bieten heute eine faszinierende Kulisse für Fotos und imposante Eindrücke aus der Vergangenheit. Selbst auf den Dächern der Gebäude hat sich Wald auf dickem Boden gebildet. Sieht alles aus wie aus den Impressionen von Game of Thrones? Die Gegend hat mich auch schwer daran erinnert!

Am späten Nachmittag sehe ich im Nebel kaum noch die Baumwipfel während sich die nächste Grube vor uns auftut. Wir steigen in die “Grube Mauritius” und ich bin einmal mehr beeindruckt von der “Montanregion Erzgebirge”, die zurecht UNESCO-Welterbe ist.

Wandern im tschechischen Erzgebirge

Landschaftlich eignet sich das Erzgebirge hervorragend für Wanderung verschiedener Schwierigkeitsgrade. Wir entschließen uns für eine kurze aber informative Wanderung und machen den Wanderausflug zum Vlčí Jámy. Der Lehrpfad, von welchen es hier zahlreiche gibt, ist eigentlich eine Rundstrecke, die in Horní Blatná beginnt und endet. Die Strecke misst nicht ganz fünf Kilometer und auf ihr befinden sich sieben Informationstafeln mit tschechischem und deutschem Text zur Umgebung.

Nach spannenden Tagen im tschechischen Erzgebirge geht’s für uns über die (Nicht-)Grenze ins deutsche Erzgebirge. Hier schweben wir auf den höchsten Gipfel Ostdeutschlands! Eine Fahrt mit der ältesten Seilschwebebahn Deutschlands bringt uns auf den 1.215 hohen Fichtelberg. Unter uns, der Blick zum benachbarten Klinovec / Keilberg, der mit 1.244 Metern der höchste Gipfel des Erzgebirges auf böhmischer Seite ist. Zurück ins Tal geht es mit der Fly-Line. Dieses Abenteuer ist ein Must-Do! Wie ein Vogel schwebe ich fast geräuschlos nah an den Bäumen vorbei und in Kreiseln bis ins Tal. In engen und weiten Kurven mit überraschend kleinen und großen Sprüngen saust das fliehkraftgebremstes Fahrgerät entlang eines Edelstahlrohrsystems den Berg hinunter.

Das und mehr zur Reise findet ihr auch in unserer Instagram Story. Viel Spaß!


Weitere Infos rund ums Erzgebirge findet ihr auf der Seite der Tschechischen Zentrale für Tourismus. Danke für diese spannende Reise!

CategoriesNah outdoor
Nino
Nino

Mit scheinbar unendlichem Interesse und Begeisterung für Details
mäandriert Nino durch die Welt und findet Reichtum im Wissen.
Ästhetischer Anspruch und handwerkliches Geschick machen ihn zu einem Allrounder der Freude im Schaffen von schönen Bildern hat - ob Foto oder Film. Natürlich ist er selten ohne ein Augenzwinkern und am liebsten "grün" unterwegs.

  1. Also ich bin auch viel Outdoor im Erzgebirge unterwegs aber viele dieser Orte hier kannte ich noch gar nicht. Wirklich toller Artikel mit wahnsinnig schönen Fotos. Weiter so!

    Ich freu mich schon wenn die 15km Regel nicht mehr gilt und ich diese schönen kleine Orte entdecken kann.

    Liebe Grüße aus Neuhausen im Erzgebirge

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