Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich als Teenager meine ersten Gehversuche mit der Sprühdose unternahm. Mein Pseudonym nachts entlang der Schienen zu hinterlassen und so meine Umwelt anonym auf mich aufmerksam zu machen, hatte diesen unbändigen Kick.
Auch wenn meine letzten Pieces schon einige Jahre zurückliegen, begeistert mich Graffiti nach wie vor. Die letzten Jahrzehnte hat sich aus dem einstigen Taggen bei einigen Writern ernstzunehmende Kunst entwickelt, so dass Graffiti- und/oder Streetart-Künstler auch außerhalb ihres Kosmos Fame erlangten.
Eindhoven – Streetart und Graffiti
Unter dem Motto „Hier musst du hin“ galt es für mich die niederländische Provinz Brabant zu entdecken. Bereits beim Einchecken in Eindhoven im Hotel The Match wurde ich von einigen Werken der „Love Letters Crew“ an der gegenüber liegenden Fassade sowie im Hotel begrüßt. Doch das war nur ein kleiner Vorgeschmack zu den Werken, die ich kurz später auf dem Fahrrad entdecken durfte. Los ging meine Entdeckungstour durch Eindhoven. Ganz typisch für die Niederlande ging es auf zwei Rädern durch die Blocks der Stadt. Die Street Art Cycle Tour mit City Tours Eindhoven kann ich absolut empfehlen. Warum, zeigen meine mitgebrachten Fotos:
Step in the Arena – Hall of Fame Eindhoven
Einer der ersten Stopps der Tour führte mich zur lokalen Hall of Fame „Step in the Arena“. Die im Herzen des Berenkuil Kreisverkehrs gelegene Hall of Fame erinnert in der Tat an eine Arena. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass erst ab einen gewissen Level an Skills die Wände im inneren Kreis bemalt werden dürfen. Während der Tour war der innere Kreis für das jährliche Makeover-Event präpariert, so dass zunächst nichts außer einem Rainbow Background zu sehen war. Die kommenden Tage wurde die komplette Hall of Fame von den lokalen Crews neu gestaltet. Was sonst jährlich viele Gäste anzieht, wurde 2020 ohne viel Rummel drumherum bemalt. Bevor es für mich am nächsten Tag in die Provinz Flevoland weiterging, konnte ich einfach nicht anders: Ich kam nochmal nach Eindhoven, um die frischen Werke als einer der Ersten zu sehen. Wow! Das hat sich gelohnt!
Step out the Arena – Die Outer Rims der Hall of Fame
Eines der Dinge, die mir in Eindhoven in bleibender Erinnerung geblieben sind, ist der Umstand, dass zwischen der lokalen Graffitiszene und der Stadt ein reger Austausch besteht und die Behörden bei der Freigabe öffentlicher Wände ein gewisses Mitspracherecht in der farblichen Gestaltung haben. So wird ab und zu die Farbauswahl vorgegeben, was sich jedoch oft auch positiv auf das gestaltete Gesamtbild der Stadt auswirkt.
Love Letters – Kings of Eindhoven
Das Skill-Level in Eindhoven ist irre hoch. Crews, die man auf dem Schirm haben sollte, sind „Deshamer“, „OGEES“, „Don’t Stop Runnin'“ und „Love Letters“. Letztere gestalten nicht nur mit „Styles“ (klassische Graffiti, die aus Buchstaben bestehen), sondern auch mit einigen beeindruckenden „Murals“ (Wandmalereien) das Stadtbild indoor und outdoor.
Meine Tipps: Schaut euch die Wände im Club/Restaurant „Thomas“ an sowie mein absolutes Lieblingsmural „Eternal Love“ von Studiogiftig um die Ecke von „De Blob“. Das futuristische Gebäude mit dem eher uneleganten Namen Blob steht für die Abkürzung von „Binary Large Object“. In Computerwelt versteht man darunter einen Datenmix und in der Architektur entsteht aus dieser Interpretation ein seltsames Gebäude, das alle möglichen skurrilen Formen annehmen kann. The Blob, entworfen vom italienischen Architekten Massimiliano Fuksas, ist der Eingang zum Einkaufszentrum De Admirant.
Das markante Gebäude ist der wohl bekannteste Treffpunkt in der Stadt und kann daher nicht verfehlt werden. Der Blob ist 25 Meter hoch und besteht hauptsächlich aus Glas und Stahl.
Zurück zur bunteren Kunst, Graffiti: Erwähnt werden sollte noch eine Crew, die zwar nicht für Styles berühmt ist, aber vermutlich für die meisten Tags in Town und den witzigsten Crew-Namen hat. „WB“, was für „Worst Brood“ (Wurstbrot) steht und mich allein dadurch schon grinsen lässt.
Silly Walk Tunnel
Ich liebe ja britischen Humor und ein Klassiker ist natürlich „The Ministry of Silly Walks“ aus „Monty Python’s Flying Circus“. Diesem ist in Eindhoven zwischen Universität und Effenaar eine ganze Unterführung gewidmet. Herrlich!
Can Gallery Eindhoven – Mehr aus der Streetart und Graffiti Szene
Ihr wollt bei einem Besuch noch mehr über Eindhoven und die lokale Streetart- und Graffiti-Szene erfahren? Dann legt doch am Ende der Street Art Cycle Tour einen Stopp bei Patrick in der Can Gallery ein und gönnt euch bei einem Plausch mit ihm ein lokales Bierchen oder bucht dort direkt einen Workshop.
Der Stadt den Rücken gekehrt, ab in die Natur
Genau wie ich den urbanen Puls zum Leben brauche, zieht es mich raus in die Natur. Während Mia und Neon vermutlich bei uns zu Hause noch in den Federn lagen, klingelte bei mir um 04:00 Uhr der Wecker, denn es war Zeit die ersten Sonnenstrahlen im ca. 30 Minuten entfernten Nationalpark Loonse en Drunense Duinen einzufangen. Dazu mehr in meinem zweiten Brabant-Artikel.
Danke an VisitBrabant für die Organisation dieses Trips – wir kommen bestimmt wieder!
Schöne Bilder aus Eindhoven, das ist ja ein Traum für jeden Fotografen und definitiv ein Besuch wert.
Herzliche Grüße
Robert
Pingback:Eine Wüste in Holland - Brabant Nationalpark Loonse en Drunense Duinen